Industriekultur

Zeugen einer vergangenen Zeit – und dennoch lebendiger denn je: Alte Industriedenkmäler wie etwa die Bahntrasse erzählen davon, dass man hier auch schon vor 200 Jahren nichts für unmöglich hielt …

Gewerbe und Industrie sind bis heute zentrale Bestandteile der Gemeinden geblieben. Hier begegnet man heimlichen, kaum bekannten Weltmarktführern wie auch weltbekannten Markenproduzenten. Über manche Firma lassen sich wahrlich spannende, tragische, aber auch kuriose Geschichten erzählen …

Mit dem Fahrrad als Verkehrsmittel und dem Filstalradweg als Leitlinie kann man auf der Route die wichtigsten Orte der Industriekultur entdecken. Spannendes und Wissenswertes zur industriellen Vergangenheit und Gegenwart erfährt man an besonderen Info-Stationen und an den Ankerpunkten.

Die Kammergarnspinnerei Schachenmayr entstand aus der Tabak- und Grapp Fabrique des Kommerzienrats Duncker. Dieser hatte das Unternehmen zur Baumwollspinnerei umgerüstet, als das Geschäft mit dem Tabak nicht mehr lohnend war. Die Firma gehörte schnell zu den größten Unternehmen der württembergischen Textilindustrie.
Nach Dunckers Tod hatten dessen Nachfolger Kolb und Schachenmayr mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. 1835 übernahm Leonhard Schachenmayr das Unternehmen ganz und führte es sehr erfolgreich weiter.
Die Zahl der Arbeiter stieg stetig, bis die Firma 1907 bis zu 1000 Personen beschäftigte.
Den Eigentümern der Firma Schachenmayr gelang es noch bis in die achtziger Jahre durch technischen Fortschritt dem allgemeinen Niedergang der württembergischen Textilindustrie zu trotzen. Letzten Endes kam es trotzdem zur Übernahme durch das britische Textilunternehmen Coats. Durch die Firma Coats wird bis heute unter dem Namen Schachenmayr hochwertige Wolle hergestellt.

Ernst Strassacker, der 1872 geborene Gründer des Unternehmens, lernte bei der WMF in Geislingen/Steige den Beruf des Ziseleurs und wurde später Galvano-Fachmann. Die desolate Lage am Ende des Ersten Weltkrieges zwang Ernst Strassacker in das Millionenheer der Arbeitslosigkeit. Er beschloss, sich mit der Buchstaben- und Grabschmuckproduktion selbstständig zu machen, und ließ 1919 die „Kunstgewerblichen Werkstätten und Bronzegießerei“ in seinem Wohnort Süßen eintragen. Seit der Gründung 1919 ist die Kunstgießerei Strassacker in Familienhand. Das Unternehmen agiert international und beschäftigt in seinem Stammhaus und einem Tochterunternehmen in Frankreich mehr als 550 Mitarbeiter.
Die Geschichte des Unternehmens ist ein Exempel für die Fortentwicklung von kunsthandwerklicher Erfahrung und Kompetenz. Bronzeguss - diesem alten Handwerk hat sich das Familienunternehmen Strassacker verschrieben.

Ehemalige Gerberei, Gebäude saniert und umgenutzt; Hochwertige Gastronomie, Hotelerie.
Mit viel Liebe und Engagement wurde das historische Fabrikgelände saniert und einer neuen Verwendung zugeführt – der Gerber Bräu Gastronomie. In den großzügig angelegten Restaurant-Räumen kann man auf zwei Ebenen gemütlich sitzen und vorzüglich à-la-carte speisen.

Wiesensteig war der zweitälteste Standort der Papierherstellung im Filstal. Zunächst gab es eine Mahlmühle die dann in eine Papierfabrik 1699 umgebaut wurde. In den Anfängen des 18. Jahrhunderts wurde eine weitere Mühle etwas oberhalb der alten gebaut. Die vordere brandete im Jahr 1770 völlig aus vorauf sie in der Nähe des Filsursprungs, am jetzigen Standort wiederaufgebaut wurde. Seit dem war nur noch die Rede von einer Papiermühle in Wiesensteig die Rede. Nach einigen Besitzwechseln muss die Produktion 1861 auf Pappe umgestellt werden, da sie sonst nicht mehr konkurrenzfähig gewesen wäre. In den Jahren danach wurde dann erfolgreich Pappe produziert, bis die Mühle schließlich 1999 wegen mangelnder Konkurrenzfähigkeit endgültig ihren Betrieb einstellen musste. Damit endete die Papierherstellung im Oberen Filstal. 

1839 Gründung des Unternehmens durch Louis Schuler, der 1852 mit dem Bau von Blechbearbeitungsmaschinen beginnt. 1879 präsentiert Schuler als weltweit erstes Unternehmen Excenter- und Ziehpressen für Kraftbetriebe, 1900 die weltweit erste Transferpresse. 1884 erfolgt die Erweiterung um eine Gießerei. 1947 wird der Werkzeugbau an den Pressenbau angegliedert. Weitere technologische Marktführerschaft im Pressenbau bis heute, zunehmende Internationalisierung, 1999 erfolgt der Börsengang.
2012 übernimmt der österreichische Andritzkonzern die Aktienmehrheit von der Gründerfamilie. Die Firma befand sich 173 Jahre in der Hand der Familie Schuler.
Heute weltweit führender Hersteller von hochmodernen mechanischen Pressensystemen für die Automobil-, Zuliefer-, Elektro- und Hausgeräteindustrie. Das Produktspektrum reicht von Transferpressen über vollautomatisierte Pressenlinien, ProgDie- und Tryout-Pressen bis hin zu Compact Crossbar-Pressen.

Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1404 als „Swalbrunnen zu Geppingen“. Um 1550 sind häufige Badeaufenthalte von Herzog Christoph von Württemberg belegt. In den Jahre von 1616 bis 1618 wurde das Badhaus durch Heinrich Schickhardt neu erbaut. Heinrich Landerer und Dr. Palm erwarben das Göppinger Bad im Jahre 1839. Dreizehn Jahre später gründeten sie die „private Heil- und Pflegeanstalt für Gemüts- und Nervenkranke“ in Zusammenarbeit mit Dr. med. Gustav Jung.
1859 erfolgte die Gründung einer „Landwirtschaftlichen Kolonie“ auf dem Freihof mit 60 Plätzen. Sechs Jahre später kam es zu einer Aufnahmeverpflichtung für 250 „Staatspfleglinge“. Im Jahre 1874 beherbergte die Anstalt 394 Kranke. Sie war inzwischen Heilanstalt, Mineralbrunnen und Gutsbetrieb. Im dritten Reich wurden 297 Pfleglinge der Privatheilanstalt gegen den Widerstand der Leitung des Christophsbads abtransportiert und ermordet. 1972 wurde das „Christophsbad Göppingen
Dr. Landerer Söhne“ in den Krankenhausplan Baden-Württembergs, als psychiatrisch-neurologische Privatklinik aufgenommen. Der Brunnenbetrieb wurde 1992 nach Jebenhausen verlagert.
Im Christophsbad verbinden sich Erfahrung und Bewährtes aus über 160-jähriger Tradition mit modernster baulicher und technischer Ausstattung sowie einer diagnostischen und therapeutischen Leistungsfähigkeit auf dem aktuellsten Stand der Wissenschaften.

Den Ursprung des Unternehmens bildete die 1853 gegründete Firma „Straub & Schweizer“ in Geislingen (zweite industrielle Gründung Daniel Straubs neben der Maschinenfabrik Geislingen). 1880 fusionierte die Firma mit der Esslinger Fabrik für versilberte Metallwaren Ritter & Co zur Württembergischen Metallwarenfabrik AG.
Bis zum ersten Weltkrieg expandierte die WMF durch Gründung weiterer Zweigwerke, Fusionen und Firmenübernahmen. 1912 war das Unternehmen mit 4.500 Mitarbeitern der größte Industriebetrieb in Württemberg. In den 50er und 60er Jahren erarbeitete sich die WMF in privaten Haushalten durch die Entwürfe von Wilhelm Wagenfeld einen Ruf als Produzent schöner und langlebiger Haushaltswaren, der bis heute anhält.
1969 Entwicklung der weltweit ersten vollautomatischen Kaffeemaschine. Ab 1986 Aufbau des WMF-Konzerns.
Im Jahr 1912 eröffnete die WMF für Ihre Mitarbeiter ein Auslieferungslokal für Seefische, die direkt von den Hochseefischereien bezogen wurden. Während der Zeit des 1. Weltkrieges war die Fischhalle für die Ernährung vieler Geislinger Familien von größter Bedeutung. Ende der 20er Jahre wurde der Fischverkauf eingestellt und der Verkauf von WMF Produkten in 2a-Qualität hielt Einzug. Der Name „Fischhalle“ blieb erhalten und wird auch auf dem Weg ins 21. Jahrhundert das Synonym für unseren Werksverkauf am Fertigungsstandort Geislingen sein.
Seit der Neueröffnung nach Umbau am 22.11.2012 erwartet Sie die Fischhalle mit einer neu gestalteten Verkaufsfläche sowie einer freundlichen und großzügigen Einkaufsatmosphäre.

Die lange Geschichte der Zeller+Gmelin GmbH & Co. KG reicht bis ins Jahr 1866 zurück. Der Stuttgarter Apotheker Paul Gmelin und der Pfarrerssohn Albert Zeller taten sich zusammen mit der Idee, Öl aus den Schiefervorkommen der Schwäbischen Alb zu gewinnen. Mit Brennstoff für Petroleumlampen feierten sie erste Erfolge. Bald kamen Schmierstoffe für einen aufstrebenden Automobilhersteller aus der Nachbarschaft – ein Unternehmen namens Mercedes – hinzu.
Heute produziert Zeller + Gmelin viele hundert verschiedene Industrieschmierstoffe, Druckfarben und industriechemische Produkte. Am Stammsitz in Eislingen sowie 16 Tochterunternehmen weltweit arbeiten mehr als 800 Mitarbeiter.

Die ersten urkundlichen Erwähnungen von Quellen des heutigen Unternehmens gehen zurück auf das 12. und das 13. Jahrhundert. Neben dem Trinken und Baden vor Ort entstand im 16. Jahrhundert ein Handel in Süddeutschland mit Hilfe der so genannten „Sauerbrunnenträgern“.
Im Jahr 1896 kaufte Kommerzienrat Karl Haegele aus Geislingen das Überkinger Bad- und Hotelgebäude und vergrößerte Abfüllung und Versand. 1918 wurde die „Bad Überkinger Kurhaus- und Mineralwasserbetrieb deutscher Gastwirte GmbH“ gegründet. Die Mineralbrunnen Überkingen-Teinach AG wurde am 17.07.1923 gegründet. Als seit 1986 börsennotiertes Mineralwasser- und Fruchtsaftunternehmen gehören inzwischen zahlreiche weitere Mineralquellen zum Konzern, mit Firmensitz in Bad Überkingen.
1923 schlossen sich das „Bad Überkinger Kurhaus“ und die „Mineralwasserbetriebe deutscher Gastwirte GmbH“ mit der Zweigniederlassung Imnau (Hohenzollern) und die Eigentümer der Teinacher Mineralquellen zur „Mineralbrunnen Überkingen-Teinach Aktiengesellschaft“ zusammen.
Am 17.08.1923 wurde die AG mit Stammsitz in Bad Überkingen ins Handelsregister eingetragen. Das „Wasserschlösschen“ war Füllbetrieb und Verwaltungszentrale.

Erste urkundliche Erwähnung „Sauerbrunnen“, 1622 Ausbau des Brunnens, ab 1755 Brunnen und Versandbetrieb, bekannt und deklariert als Ditzenbacher Heilwasser. 1782 Zerstörung des Pumpwerk, es kommt zum Eigentümerwechsel. 1823 Reaktivierung des Quellbetriebs durch Johannes Georg Moll. 1825 Verkauf an Hauptmann Anton von Schweizer (Gründer des Mineralbads), Neufassung der Quelle, Bau Gastund Badehaus, Nutzung und Erwärmung des Quellwassers, zudem Verkauf von Mineralwasser. Weiterverkauf an die Barmherzigen Schwestern: das Bad wurde still gelegt und als Heim für geistig behinderte Kinder genutzt. 1900 Wiedereröffnung des Bades, 1927 erhält der Gemeindenamen den Zusatz „Bad“; Mineralwasservertrieb über 1926 gegründete Überkingen-Teichnach-Ditzenbach AG; 1982 wurde der Mineralwasserbetrieb aufgegeben. Erste Thermalwasserbohrung der schwäbischen Alb, mehrere tausend Jahre altes Thermalwasser der Cansiusquelle. 2003/2004 Umbenennung in „Vinzenz Therme“

Die Historische Arbeitersiedlung Kuchen wurde vom damaligen Firmenbesitzer Arnold Staub für die Arbeiter der landesweit größten Baumwollspinnerei und -weberei von 1857 bis 1869 erbaut. Sinn der Arbeitersiedlung war es, zuverlässige Arbeiter anzuziehen und auch auf Dauer zu halten. Sie war für damalige Verhältnisse mit vorbildlichen und fortschrittlichen Kultur-, Freizeit-, Versorgungs- und Gesundheitseinrichtungen ausgestattet. Auf der Weltausstellung in Paris 1867 erhielt Arnold Staub für seine Siedlung den Großen Preis mit Goldmedaille und wurde von Kaiser Napoléon III. zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.